Immer wieder lese ich: ,,…aus einem Pitch um den Etat für (…) ging (…) siegreich hervor“. Wie, so frage ich mich bei solchen Gelegenheiten, gerät denn bloß das Wort ,,siegreich“ dort hinein? Ein Pitch ist eine Vorstellung von Entwürfen im Wettbewerb, ausgetragen unter mehreren Agenturen und Büros. Das englische Verb bezeichnet das Werfen mit dem Baseball, das englische Substantiv bedeutet schlicht Pech, und zwar in seiner materiellen Form. Gemeint ist das Zeug, das mit Schwefel untrennbar zusammenhält. Pech gehabt haben aber auch die Teilnehmer eines solchen Zufallswurfes, die leer ausgehen. Wer zu einem Pitch einlädt, bei dem es gewöhnlich nicht mehr als ein Anerkennungshonorar gibt, das kaum die Kosten für die Farbdrucke deckt, erhofft sich davon, Entscheidungshilfen für die Lösung einer Kommunikationsaufgabe serviert zu bekommen. In Wirklichkeit ist diese Vorgehensweise aber so, als ginge der Auftraggeber nacheinander in mehrere Restaurants, kostete von jedem Tellerchen ein wenig und erklärte anschließend, er habe jetzt keinen Hunger mehr. Bezahlen aber tut er nichts, weil ja kein Gericht vollends seinem Geschmack entsprochen hat.
Wer also an einem Pitch teilnimmt, bei dem Entwürfe zu einem Bruchteil des Wertes verkauft – sprich: verschenkt – werden, den sie eigentlich auf dem freien Markt haben, ist ein dreifacher Versager. Er versagt uns die Wertschätzung, die unsere Arbeit verdient, und er versagt sich ein angemessenes Honorar für das Wertvollste, das wir anzubieten haben: unsere Ideen und deren Visualisierung. Und schließlich versagt er dem Auftraggeber die durchaus wichtige Erfahrung, dass Gestaltung als Problemlosung nur im Dialog funktioniert. Für einen Pitch zu arbeiten ist, wie sich zu einem Blind Date mit vielen Teilnehmern gleichzeitig zu verabreden. Wer als Auftraggeber einen Pitch veranstaltet, ohne die Eingeladenen gründlich kennengelernt zu haben, konnte genauso gut Lose ziehen lassen unter den Mitgliedern eines Berufsverbandes. Wer sich hingegen mit einigen Designern über die Aufgabe ausführlich unterhalt, braucht keinen Pitch mehr. Er weiß dann, wem er vertrauen kann. Warum meinen aber immer mehr Auftraggeber, sie müssten ,,pitchen“ lassen, und viele Designer, sie müssten teilnehmen?
Weil Dummheit, Faulheit, Eitelkeit und Feigheit – die vier apokalyptischen Reiter des Gewerbes – so heftig mit den Hufen trampeln, dass der Vernunft schwarz vor Augen wird, pechschwarz.
(form200 spiekermann condensed)
Links:
http://www.kampagnenstart.de/2005/05/24/konnen-sie-auch-altweiss
http://www.designzentrum-mv.de/UEber_Freiheit_und_ihre_Grenze.55.0.html